Der Gotthard Basistunnel ist für die Schweiz ein Jahrhundert-Projekt. Mit einer Länge von 57 Kilometern ist er der derzeit längste Eisenbahntunnel der Welt. Seine Bedeutung ist auch für den VersuchsStollen Hagerbach immens. Über Zwanzig Jahre trieb er die Ingenieure zu Höchstleistungen an und sorgte für eine Vielzahl an Innovationen und Fortschritten.

 

(1) Betonversuche und Zulassungsprüfungen wurden im VSH durchgeführt.


(2) Eingebauter Gewölbebeton im Gotthard.

Der Bau des Gotthard Basistunnels war ein Projekt von nie dagewesener Grösse und Komplexität. Die schiere Länge, die Überlagerung mit bis zu 2300 Metern und die enorme Temperatur im Inneren des Bergmassivs waren nur einige der grossen Herausforderungen. Vieles was sie bei diesem Tunnel erwartete, war für die Ingenieure Neuland. Da kommt eine Testumgebung, in welcher sich neue Technologien 1:1 testen lassen, wie gerufen. Und so wurde der VersuchsStollen Hagerbach zum Miniatur-Gotthard.

In jeder Bauphase des Tunnels eröffneten sich neue, interessante Fragestellungen. Für den VersuchsStollen Hagerbach starteten die Versuche Jahre vor der Vergabe der Hauptbaulose. Nebst der Forschung und Entwicklung war das Unternehmen während der Ausführung auch bei der Qualitätskontrolle vor Ort involviert. 

(1) Die Abdichtung des "Thermostollens". 


(2) Die Heizelemente, mit welchen der Fels auf 45° C aufgeheizt wurde.  


(3) Auftragung von Spritzbeton unter Realbedingungen im "Thermostollen".
 

Im Bereich der Betontechnologie wurde Jahre vor der Vergabe der Hauptlose besonders intensiv geforscht. Bei den hohen Oberflächentemperaturen des Gesteins von bis zu 45°C im Inneren des Tunnels mussten Verfahren entwickelt werden, um die Dauerhaftigkeit des eingesetzten Betons über die lange Nutzungsdauer des Tunnels zu gewährleisten. Dafür wurde im VersuchsStollen ein Bereich abgetrennt und ein sogenannter "Thermostollen" gebaut. 

Im "Thermostollen" wurde der Fels auf 45°C aufgeheizt, damit die Verhältnisse im Gotthard bei Spritzbetoneinsatz simuliert werden konnten. Das Klima in einem Stollenbereich um die Betonanlage wurde auf 30°C aufgeheizt, um die Verarbeitung des Ortbetons unter der langen, geforderten Offenzeit zu testen. Dank den Entwicklungen der Betonindustrie und den Versuchen im Vorfeld waren die betontechnologischen Unsicherheiten zu Baubeginn geklärt.

(1) Die im VersuchsStollen Hagerbach getesteten Stahlbögen im Abschnitt Sedrun des Gotthard Tunnels.

(2) Aufbau eines Brandversuches für die Notfalltüren eines Querschlages.
 

Während der Ausführung des Baus konnte der VersuchsStollen Hagerbach sein Know How und die Versuchsanlage für weitere herausfordernde Fragestellungen einbringen, wie zum Beispiel bei Brandversuchen, für Stahlbogenversuche im Abschnitt Sedrun oder die Abklärungen im Zusammenhang mit der Alkali-Aggregat-Reaktion beim Beton.

Im VersuchsStollen Hagerbach wurde nicht nur zu Fragen des Rohbaus, sondern auch an der Entwicklung der Bahntechnik geforscht und getestet. 

Für die Notfalltüren der Querschläge wurde eigens ein Versuchskonzept für die Anbieter erarbeitet, bei welchem die Funktionstüchtigkeit der Türen nach Brandbelastungen und dynamischen Belastungen von Zugsdurchfahrten geprüft werden konnte. Die Ergebnisse der Versuche im Stollen waren für die Auswahl der Türen im Gotthard Basistunnel massgebend.

Ein originalgetreuer Nachbau eines Querschlages erlaubte es dem ausführenden Unternehmer des Endausbaus unter realen Bedingungen zu testen und zu optimieren. Herausforderungen und Schwierigkeiten wurden so im Vorfeld erkannt und gelöst. Dies reduzierte die Risiken und sparte viel Zeit und Kosten in der Ausführung.

Das Jahrhundertprojekt hat nicht nur die Schweiz nachhaltig verändert, auch der VersuchsStollen Hagerbach hat sich mit ihm weiterentwickelt. Die erforschten Technologien und Innovationen, aber auch optimierte Dokumentationen und Prozesse, fanden den Weg in weitere Projekte wie zum Beispiel den Ceneri Basistunnel.